15. 02. 2008: Erster Durchgang im Bundesrat 20. 02. 2008: Öffentliches Expertengespräch (Bundestag) zur GASP/ESVP 05. 03. 2008: Öffentliches Expertengespräch (Bundestag) zur Innen- und Justizpolitik 06./07. 03. 2008: 1. Lesung im Bundestag (wird wahrscheinlich verschoben auf die 2. Sitzungswoche im März, also ab 10. 3)
11. 03. 2008: Anhörung (Bundestag) zu Institutionellen und Grundsatzfragen (Grundwerten)
23.04. 2008: Beratung und Beschlussempfehlung im EU-Ausschuss des Bundestags
24./25. 04. 2008 2. Lesung und Schlussabstimmung im Bundestag
23. 05. 2008: Zweiter Durchgang im Bundesrat
RATIFIZIERUNG - WIRD ES REFERENDEN ÜBER DEN EU-REFORMVERTRAG GEBEN?
Die Struktur einer bloßen Änderung der bestehenden
EU-Verträge wurde bewußt gewählt, um Forderungen nach Referenden die
Grundlage zu entziehen. Angesichts des detailliert ausformulierten
Mandats für die Regierungskonferenz und der geringen inhaltlichen
Unterschiede zum gescheiterten EU-Verfassungsvertrag wird schon jetzt
in etlichen EU-Staaten die Abhaltung eines Referendums diskutiert und
eingefordert. "Es ist daher keinesfalls davon auszugehen, dass der
EU-Reformvertrag erfolgreich ratifiziert wird und rechtzeitig vor den
Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni 2009 in Kraft treten kann.” (CAP Analyse Ausgabe 5, Juli 2007). Schwierigkeiten, die bei der Ratifizierung in den einzelnen EU-Staaten auftreten könnten, werden im Policy Brief July 2007 des
European Policy Centre analysiert. Eine Tabelle faßt diese
Ratifizierungserfordernisse zusammen samt ExpertInnen-Einschätzungen,
ob Referenden - sofern es zu solchen kommt - aus heutiger Sicht
erfolgreich sein werden (UK: nein; FR, NL, DK: ungewiss; PL, IR:
wahrscheinlich ja; CZ, P, E, L: ja).
Irland
In Irland ist ein verpflichtendes Referendum vorgesehen.
Niederlande
In Holland sah der sozialdemokratische
Regierungs-Juniorpartner im Juli keinen Grund, warum kein Referendum
abgehalten werden sollte. Tichelaar hält das Verhandlungsergebnis
nämlich für exzellent. Er steht damit in offenem Gegensatz zum
konservativen Regierungspartner bzw. in Übereinstimmung mit der
holländischen Opposition. (Vgl. Presse 07.07.2007).
Im September hat sich die niederländische Regierung jedoch nach einer
Stellungnahme des Staatsrats entschieden, kein Referendum abhalten zu
wollen (Vgl. Standard 20.09.2007; Spiegel 21.09.2007).
Die Oppositionsparteien werden allerdings einen Gesetzentwurf für ein
Referendum einbringen. Im Unterhaus ist dafür eine Mehrheit gegeben.
Der Senat ist zwar von Parteien beherrscht, die ein Referendum
ablehnen. Allerdings könnten einzelne Abgeordnete der
Regierungsparteien für ein Referendum stimmen: Die Sozialdemokraten -
damals noch in Opposition - hatten den Ausschlag für das Referendum zur
EU-Verfassung gegeben. Frits Bolkestein (liberale VVD) setzt sich
entschieden für ein Referendum ein, "um der Idee entgegenzutreten, dass Europa dem Volk durch die Hintertür gewaltsam aufgedrängt wird." (Vgl. EUobserver 21.09.2007).
Frankreich
In Frankreich verfügt Sarkozy's Regierung nicht über die erforderliche 3/5-Mehrheit für die notwendige Verfassungsänderung
und ist insofern auf eine Unterstützung durch Oppositionsparteien
angewiesen. Im Wahlkampf bestand unter den Oppositionsparteien Konsens,
dass über den neuen Vertrag wiederum ein Referendum abzuhalten ist. (Vgl. junge Welt 21.06.2007)
Polen
In Polen spricht sich der Vizepremier für ein Referendum und gegen eine Ratifizierung aus. (Vgl. Standard 08.07.2007).
UK
Etliche Tory- und einige Labour-Abgeordnete fordern
von der Regierung, dass die zum EU-Verfassungsvertrag zugesagte
Volksabstimmung nun zum EU-Reformvertrag abgehalten wird. Konservative
Kreise fassen auch eine privat organisierte Abstimmung ins Auge.
Premierminister Brown lehnt ein Referendum ab, da er die britischen
Bedenken im Mandat für den Reformvertrag ausreichend berücksichtigt
sieht (Vgl. EUobserver 30.07.2007).
Es besteht jedoch erheblicher Druck, ein Referendum abzuhalten. 86% der
BritInnen bzw. 80% der Labour-WählerInnen fordern ein Referendum. 24%
der Labour-WählerInnen machen eine Wiederwahl von einem Referendum
abhängig (Vgl. EUobserver 20.08.2007, > Kronen Zeitung 04.09.2007).
Mehrere Gewerkschaften haben für den Gewerkschaftskongress Anträge
gestellt, ein Referendum über den EU-Reformvertrag anzusetzen. Vor
allem wird scharf kritisiert, dass die BritInnen durch ihre Regierung
als zweitklassige EU-BürgerInnen behandelt werden, da den BritInnen die
Grundrechtscharta und deren soziale Rechte, insb. das Streikrecht,
vorenthalten werden (Vgl. EUobserver 23.08.2007). Gordon Brown sieht jedoch keinen Grund, ein Referendum abzuhalten (Vgl. EUobserver 24.09.2007).
Dänemark
In Dänemark ist das hohe Quorum von fünf Sechstel der Abgeordneten für eine rein parlamentarische Ratifizierung
erforderlich. Die liberal-konservative Regierung erhält für ihre
ablehnende Haltung gegenüber einem Referendum wegen eines erwarteten
Nachzieheffekts bei Holländern, Briten u.a. sowie wegen einer Angst vor
unabsehbaren Folgen für Dänemarks EU-Mitgliedschaft im Fall eines Nein
bislang auch Rückendeckung von Sozialdemokraten und Sozialliberalen (Vgl. Presse 25.07.2007; Frankfurter Rundschau 18.07.2007).
Die Entscheidung, ob es ein Referendum geben wird, wird nicht
getroffen, bevor der endgültige Text des EU-Reformvertrags feststeht.
Spanien, Luxemburg, Tschechien, Portugal
In Spanien und Luxemburg wurden über den
EU-Verfassungsvertrag Referenden durchgeführt. In Tschechien und in
Portugal wurden Referenden zum EU-Verfassungsvertrag in Aussicht
gestellt.
In Tschechien haben sich die
großen Parteien festgelegt, ein Referendum zu verhindern und eine bloß
parlamentarische Ratifizierung durchzuführen (Vgl. Presse 20.09.2007).
Österreich
In Österreich sind sich die politischen Eliten
einmal mehr einig, dass der Bevölkerung eine Volksabstimmung
vorenthalten werden muss. Dies war bereits bei der > Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrags
ein potenzieller Verfassungsbruch und wird es voraussichtlich auch beim
Reformvertrag sein. Von den österreichischen politischen Eliten ist
jedoch erneut eher die Inkaufnahme eines Verfassungsbruchs zu erwarten,
als im Zweifelsfall der Verfassungstreue den Vorrang zu geben
und eine Volksabstimmung durchzuführen.
Erklärung Nr. 27 verankert (ähnlich wie Artikel I-6 EU-Verfassungsvertrag) den Vorrang des EU-Rechts vor nationalem Recht im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH. Mit einer Ratifizierung dieser Erklärung werden zugleich implizit die dem EuGH entgegenstehenden nationalen Höchstgerichts-Rechtsprechungen - aufgrund ihrer Nichterwähnung - verworfen.
Aus österreichischer Sicht besteht ein integrations-resistenter
Verfassungskern im Bereich der Baugesetze der Verfassung (Demokratie,
Rechtsstaat, Bundesstaat, Grundrechte), deren Abänderung eine verpflichtende Volksabstimmung erfordert (Artikel 44 Absatz 3 Bundes-Verfassungsgesetz).
Der EU-Reformvertrag bringt vor allem eine Gesamtänderung des demokratischen Baugesetzes der österreichischen Bundesverfassung. Zum einen wird eine Fülle an EU-Politikbereichen von einer Einstimmigkeits- zu einer Mehrstimmigkeits-Kompetenz geändert (siehe z.B. Übersicht des CEP).
Durch den damit verbundenen Verzicht auf die Vetomöglichkeit geht aber
eine durchsetzbare demokratisch legitimierte Entscheidungsmacht
Österreichs verloren.
Deutschland
In Deutschland ist die Möglichkeit eines
Referendums zwar grundsätzlich im Grundgesetz vorgesehen. Eine konkrete
rechtliche Grundlage für die Durchführung von Referenden wurde jedoch
bislang nicht geschaffen. Mit Hinweis darauf wird das politische
Establishment ein Referendum über den EU-Reformvertrag - so wie schon
zuvor über den EU-Verfassungsvertrag - verweigern.
Aufgrund mehrerer anhängiger Verfassungsklagen hat
Bundespräsident Köhler das Zustimmungsgesetz über den
EU-Verfassungsvertrag nicht ausgefertigt. Die Ratifizierung des EU-Verfassungsvertrags wurde in Deutschland daher - entgegen der üblichen Darstellung in den Mainstream-Medien - nicht
abgeschlossen. Da sich zwischen EU-Verfassungsvertrag und
EU-Reformvertrag an der Substanz wenig geändert hat, sind zum
EU-Reformvertrag neuerliche Verfassungsklagen absehbar.
Das Karlsruher Bundesverfassungsgericht steht der Rechtsprechung
des EuGH u.a. zur Frage des Vorrangs von EU-Recht vor nationalem Recht
ablehnend gegenüber (Vgl. Interview mit dem Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, FAZ 24.07.2007). Es gibt daher unübersehbare Anzeichen, dass das Bundesverfassungsgericht Bedenken zum EU-Reformvertrag äußern könnte.
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